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Darf der Arbeitgeber einem HIV-Infizierten kündigen?

Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers, der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt ist, ist die Kündigung in der Regel diskriminierend und damit unwirksam. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen kann, entschied das BAG.

Kündigungsgrund HIV-Infektion

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) untersagt Diskriminierung unter anderem wegen einer Behinderung. Nach der gesetzlichen Definition sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft,  wozu insbesondere die Teilhabe am Berufsleben gehört, beeinträchtigt ist. Ein Arbeitnehmer, der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt ist, ist in diesem Sinne behindert, denn er ist aufgrund seiner symptomlosen HIV-Infektion chronisch erkrankt. Diese Beeinträchtigung wirkt sich auf seine Teilhabe sowohl im Leben in der Gemeinschaft als auch in seinem Berufsfeld aus, so die Richter in den Entscheidungsgründen.

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall begehrte der Kläger die Feststellung, dass seine Kündigung aufgrund seiner symptomlosen HIV-Infektion unwirksam ist. Zugleich forderte er wegen angeblicher Diskriminierung seiner Person ein angemessenes Schmerzensgeld. Seiner Auffassung nach diskriminiere ihn die angefochtene Kündigung, da sie allein aufgrund seiner Infektion ausgesprochen worden sei. Der Kläger, der bei einem Unternehmen beschäftigt war, welches intravenös verabreichte Arzneimittel zur Krebsbehandlung herstellt, wies wenige Tage nach seiner Einstellung den Betriebsarzt auf seine Infektion hin. Dieser unterrichtete die Betriebsleitung und äußerte Bedenken gegen den Einsatz des Klägers im Reinraumbereich der Beklagten. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis, da der Kläger nach ihrem internen Regelwerk nicht einsetzbar sei.

Eine Kündigung wegen symptomloser HIV-Infektion ist auch innerhalb der gesetzlichen Wartezeit des § 1 KSchG unwirksam.

Die Bundesarbeitsrichter gaben dem Kläger Recht. Die Kündigung benachteilige ihn unmittelbar und sei deshalb diskriminierend im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG, weil sie in untrennbarem Zusammenhang mit seiner Behinderung stehe.

Ob die Kündigung gleichwohl gerechtfertigt ist und dem Kläger eine Entschädigung zusteht, hinge allerdings davon ab, ob die Beklagte durch angemessene Vorkehrungen einen Einsatz des Klägers im Reinraum hätte ermöglichen können. Dies müsse noch vom Landesarbeitsgericht aufgeklärt werden. Die Richter verwiesen den Rechtsstreit daher an das zuständige Landesarbeitsgericht zurück.

Der EuGH hatte bereits in ähnlich gelagerten Fällen am 11. April 2013 (Aktenzeichen C-335/11 und 337/11) entschieden, dass eine lang andauernde Krankheit unter Umständen einer Behinderung gleichzusetzen sei.

Es ist daher zukünftig für Arbeitgeber noch mehr Vorsicht bei Kündigungen wegen lang andauernder Krankheit geboten, denn neben den kündigungsschutzrechtlichen Aspekten müsse auch unbedingt die AGG-Festigkeit der Kündigung geprüft werden. Fehlt ein Mitarbeiter sehr lange, weil er erkankt ist? Häuft einer Ihrer Mitarbeiter bereits über lange Zeit erhebliche Fehlzeiten an und Sie wollen krankheitsbedingt kündigen?

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