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Ist die selbstgenutzte Immobilie Schonvermögen bei Elternunterhalt?

Ein Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18. Januar 2017 ( AZ XII ZB 118/16) befasst sich mit der Frage, ob neben den Zinsen auch die Tilgungsleistungen für das finanzierte Eigenheim vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes bei der Berechnung des Elternunterhalts als Abzugsposten zu berücksichtigen sind.

Nach der Entscheidung der Bundesrichter sind Tilgungsleistungen neben den Zinsen für eine selbstgenutzte Immobilie bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen. Allerding ist dies nicht unbegrenzt möglich. Die den Wohnwert nach Abzug der Zinsen übersteigenden Tilgungsleistungen sind auf eine zusätzliches Altersvorsorge bis zur maßgeblichen Höhe anzurechnen. In dem zu entscheidenden Fall erbrachte der Träger der Sozialhilfe für die verstorbene Mutter des Antragstellers von Dezember 2010 bis Januar 2013 aufgrund der vollstationären Unterbringung im Altersheim Leistungen nach dem SGB XII.

Nach dem Tod der Mutter des Antragstellers wurde von ihm Elternunterhalt aus übergegangenem Recht gefordert. Der unterhaltspflichtige, verheiratete Antragsteller bewohnt mit seiner Ehefrau ein im Miteigentum stehendes Eigenheim mit einer Wohnfläche von 200 m². Für die Immobilie werden monatliche Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 1.000,17€ erbracht. Die Ehegatten sind beide erwerbstätig. Nachdem die Vorinstanzen die Anrechnung der Tilgungsleistungen, die den Wohnwert der Immobilie überschritten haben, auf die sekundäre Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen (5 % des Bruttojahreseinkommens) abgelehnt haben, hob der BGH diese Entscheidungen auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurück.

Die Verpflichtung zur Zahlung von Verwandtenunterhalt nach § 1603 Abs. 1 BGB besteht nicht unbegrenzt. Diese wurde durch die vorliegende Entscheidung des BGH nochmals bestätigt. Den Unterhaltspflichtigen müssen ausreichende Mittel verbleiben, um den eigenen, angemessenen Bedarf zu decken, der ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Auch die Sicherung einer eigenen, angemessenen Altersvorsorge ist vorrangig. Für eine sekundäre Altersvorsorge können daher Aufwendungen von bis zu 5 % des Bruttoeinkommens berücksichtigt und vom Einkommen abgezogen werden. Bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit sind neben den Einkünften der potentiellen Unterhaltspflichtigen auch Vermögenserträge oder sonstige wirtschaftliche Nutzungen einzubeziehen.

Auch der Wohnwert einer selbstgenutzten Immobilie stellt als Gebrauchsvorteil einen solchen Vermögenswert dar, da damit die Notwendigkeit einer Mietzahlung entfällt. Der Wohnwert ist dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen hinzuzurechnen. Er wird nicht anhand der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf Grundlage der unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Miete bemessen (BGHZ 205,165). Dem Wohnwert werden dabei die Zinsleistungen gegenübergestellt und die verbleibende Differenz dem Einkommen des Unterhaltsberechtigten hinzugerechnet.

Die erbrachten Tilgungsleistungen führen zur Vermögensbildung und dürfen grundsätzlich nicht zu Lasten des Unterhaltsberechtigten gehen, sodass deren einkommensmindernde Berücksichtigung eigentlich ausscheidet. Nach der aktuellen Entscheidung der Bundesrichter finden die den Wohnwert nach Abzug der Zinsen übersteigenden Tilgungsleistungen jedoch als Bestandteil der sekundären Altersvorsorgequote bis zur maßgeblichen Höhe von 5 % des Bruttoeinkommens Berücksichtigung.

Die Entscheidung wird damit begründet, dass die Darlehensaufnahme zur Finanzierung einer selbstgenutzten Immobilie dem Wohnbedürfnis des Unterhaltspflichtigen und einem unterhaltsrechtlich anerkanntem Zweck dient und die damit verbundenen Verbindlichkeiten das für den Elternunterhalt einzusetzende Einkommen mindern. Würde die Abzugsfähigkeit von Tilgungsleistungen verneint, könnte dies letztlich zu einer erzwungenen Verwertung der Immobilie führen, wenn die Tilgungsleistungen neben dem Elternunterhalt nicht aufgebracht werden können. Eine Verwertungsobliegenheit besteht für die Unterhaltsverpflichteten jedoch nicht (vgl. BGHZ 154, 247; FamRZ 2003, 1179, 1181 f.).

Da der Unterhaltspflichtige durch Darlehenstilgung sukzessive unbelastetes Eigentum bildet, um nach Tilgung des Darlehens mietfrei wohnen zu können, gelten für die nebst Zinsen den Mietwert übersteigenden Tilgungsleistungen dieselben Maßstäbe wie für eine zusätzliche Altersvorsorge bei anderen Anlageformen. Die den Wohnwert und eine zusätzliche Altersvorsorgequote von 5 % der Bruttoeinkommens übersteigenden Tilgungsleistungen sind grundsätzlich nicht absetzbar.

Nach der Entscheidung des BGH ist in den Fällen, in denen Tilgungsleistungen erbracht werden, die den angemessenen Wohnvorteil übersteigen, nunmehr eine höhere Berücksichtigung der überschießenden Darlehensabtragung als unterhaltsrechtlich anzurechnende zusätzliche Altersvorsorgeaufwendungen bis zur Grenze von 5 % des Bruttoeinkommens möglich. Inwieweit eine Berücksichtigung von Tilgungsleistungen im Falle einer Gefährdung der Immobilienfinanzierung auch oberhalb dieser Grenze möglich ist, musste der BGH vorliegend nicht entscheiden.

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