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Worum geht´s?
Viele Arbeitgeber unterstützen ihre Beschäftigten bei der beruflichen Weiterbildung – sei es durch die Finanzierung von Fortbildungen oder durch Arbeitgeberdarlehn bzw. sogenannte Ausbildungsdarlehen. Häufig steckt dahinter eine klare Erwartung: Der Arbeitnehmer soll dem Unternehmen für eine gewisse Zeit erhalten bleiben. Doch was passiert, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig endet? Dürfen Arbeitgeber dann die Fortbildungskosten zurückfordern? Und wie sieht es aus, wenn die Fortbildung über eine konzernverbundene Gesellschaft organisiert wurde?
Gerade bei Konzernfortbildungen oder Darlehen für externe Ausbildungsinstitute gibt es viele Unsicherheiten. Arbeitnehmer unterschreiben oft Verträge, ohne die rechtlichen Folgen genau zu kennen. Dieser Beitrag klärt auf: Wann ist eine Rückforderung zulässig, wann nicht?
Im Detail: Rückforderung von Arbeitgeberdarlehn, Ausbildungsdarlehen und Fortbildungskosten
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Was ist ein Ausbildungsdarlehen?
Ein Ausbildungsdarlehen liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer finanzielle Mittel bereitstellt, um eine bestimmte Ausbildung oder Fortbildung zu absolvieren. Das Besondere: Der Arbeitnehmer verpflichtet sich zur Rückzahlung, meist abhängig vom weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses.
Ein typisches Beispiel sind Konzernstrukturen: Der Arbeitnehmer wird an ein konzernangehöriges Bildungsinstitut vermittelt, das die Fortbildung durchführt und abrechnet. Der Arbeitgeber wiederum gewährt ein Darlehen zur Deckung der Kosten. Oft ist nicht klar, wer tatsächlich Vertragspartner ist und wer welche Rechte und Pflichten hat.
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Rückforderungsvereinbarungen für Fortbildungskosten
Neben klassischen Darlehen gibt es Rückzahlungsvereinbarungen, bei denen der Arbeitgeber die Fortbildungskosten zunächst übernimmt, sich aber für bestimmte Fälle die Rückforderung vorbehält. Das betrifft überwiegend Situationen, in denen der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer festgelegten Bindungsdauer kündigt.
Wichtig: Solche Rückforderungsklauseln unterliegen der strengen AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB). Sie dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen und müssen transparent und verständlich sein.
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Voraussetzungen für eine wirksame Rückforderung
Die Rechtsprechung – insbesondere das Bundesarbeitsgericht (BAG) – hat klare Leitlinien aufgestellt, wann Rückforderungsvereinbarungen zulässig sind:
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Bindungsdauer: Die Rückforderung darf nur für einen angemessenen Zeitraum vereinbart werden. Je teurer und länger die Fortbildung, desto länger darf die Bindung sein (oft zwischen 6 Monaten und 5 Jahren).
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Transparenz: Die Vereinbarung muss klar regeln, wann und unter welchen Umständen Rückzahlungen fällig werden.
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Kündigungsgründe: Bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung oder einer berechtigten Eigenkündigung des Arbeitnehmers (z.B. wegen schlechten Arbeitsbedingungen) darf keine Rückzahlung verlangt werden.
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Sonderfall Konzernfortbildungen
Besonders knifflig wird es, wenn die Fortbildung über eine konzernverbundene Gesellschaft läuft. Häufig stellt sich die Frage:
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Wer ist Vertragspartner?
Ist die Ausbildungs- oder Fortbildungsgesellschaft selbst Vertragspartner des Arbeitnehmers, gelten andere Schutzvorschriften (z.B. Verbraucherdarlehensrecht). Wird das Darlehen hingegen vom Arbeitgeber gewährt, greifen arbeitsrechtliche Regeln. -
Verbraucherdarlehen:
Bei Darlehen, die unter das Verbraucherdarlehensrecht (§§ 491 ff. BGB) fallen, gelten besondere Formerfordernisse und Widerrufsrechte. Viele Rückzahlungsvereinbarungen sind unwirksam, wenn diese Vorgaben nicht eingehalten wurden.
Das Risiko für Arbeitnehmer: In Konzernstrukturen wird oft übersehen, wer welche Rolle übernimmt. Daraus können sich rechtliche Angriffspunkte gegen die Rückforderung ergeben.
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Rückforderung bei Nichtbestehen der Fortbildung – zulässig?
Ein häufiges Problem bei Rückzahlungsvereinbarungen: Was passiert, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung oder Ausbildung nicht besteht? Dürfen die Ausbildungskosten dann trotzdem zurückgefordert werden?
Grundsätzlich gilt:
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Rückzahlungsvereinbarungen, die eine Rückforderung unabhängig vom Erfolg der Ausbildung vorsehen, sind kritisch.
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Arbeitnehmer dürfen nicht unangemessen benachteiligt werden (§ 307 BGB). Wenn der Arbeitnehmer trotz ernsthafter Bemühungen scheitert, kann eine Rückzahlungspflicht unzulässig sein.
Die Rechtsprechung stellt dabei auf den Zweck der Fortbildungsfinanzierung ab:
Ziel ist es, dem Arbeitnehmer eine höhere Qualifikation zu verschaffen, die auch dem Arbeitgeber zugutekommt. Wird dieses Ziel nicht erreicht, entfällt die Geschäftsgrundlage für die Rückforderung.
Einige Gerichte verlangen, dass Rückzahlungsklauseln ausdrücklich regeln, was beim Nichtbestehen gilt. Fehlt eine solche Regelung oder benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen, kann die gesamte Rückforderungsklausel unwirksam sein.
Wichtig für Arbeitnehmer:
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Prüfen Sie, ob in Ihrer Rückzahlungsvereinbarung der Fall des Nichtbestehens ausdrücklich geregelt ist.
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Enthält die Vereinbarung eine pauschale Rückzahlungsverpflichtung auch für den Fall des Nichtbestehens, bestehen gute Chancen, sich gegen die Rückforderung zu wehren.
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Verjährung von Rückforderungen
Auch bei der Rückforderung von Ausbildungsdarlehen und Fortbildungskosten gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Sie beginnt am Ende des Jahres, in dem der Rückzahlungsanspruch entstanden ist und der Arbeitgeber davon Kenntnis hatte.