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Worum geht´s?
Die Eigenbedarfskündigung gehört zu den häufigsten Kündigungsgründen im deutschen Mietrecht – und gleichzeitig zu den streitanfälligsten. Vermieter müssen strenge rechtliche Anforderungen erfüllen, während Mieter weitreichende Schutzrechte haben. Besonders relevant ist das Thema auch für Kapitalanleger, die zunächst die steuerlichen Potenziale einer vermieteten Immobilie heben wollen und diese nach Ablauf der 10-jährigen Spekulationsfrist gem. § 23 EStG selbst nutzen wollen. Als Kanzlei mit Schwerpunkt im Kapitalanlagerecht beraten wir regelmäßig Mandanten beim Kauf bzw. Verkauf vermieteter Immobilien. Oft stellt sich dabei die Frage: Kann ich die vermietete Wohnung bei Eigenbedarf kündigen? Die Antwort ist komplex, denn die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist streng geregelt und vielfach durch Mieterschutz begrenzt. Aber auch Mieter setzen auf unsere langjährige Expertise in diesem Spezialbereich des Mietrechts, denn bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs durch den Vermieter geht es um ganz andere Herausforderungen als beim klassischen Mietrecht.
Dieser Beitrag gibt einen umfassenden Überblick über Voraussetzungen, typische Streitfragen und rechtlichen Fallstricken – für Vermieter, Mieter und Kapitalanleger gleichermaßen.
Im Detail
Der gesetzliche Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst, Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Der Nutzungswunsch muss dabei ernsthaft, konkret und nachvollziehbar sein. Erfasst sind u. a.:
► Eigennutzung durch den Vermieter
► Wohnbedarf für Kinder, Eltern, Enkel
► Nutzung durch Lebenspartner oder pflegebedürftige Angehörige
Nicht ausreichend: bloße Vorratskündigung oder Absicht ohne konkreten Nutzungsplan.
Welche Formvorgaben gelten für eine Eigenbedarfskündigung?
Damit eine Eigenbedarfskündigung wirksam ist, müssen zwingende formelle Anforderungen eingehalten werden:
- Schriftform (§ 568 BGB)
- Konkrete Begründung: Wer soll einziehen? Warum genau diese Wohnung?
- Keine Täuschung bei Vertragsschluss: War der Eigenbedarf bereits bei Vertragsschluss absehbar und wurde verschwiegen, kann das zur Unwirksamkeit führen (§ 242 BGB).
Typische Fallkonstellationen in der Praxis
Die Gerichte erkennen Eigenbedarf an bei:
- Studium oder Ausbildungsbeginn eines Kindes
- Rückkehr aus dem Ausland
- Trennung oder Scheidung des Vermieters
- Nutzung durch pflegebedürftige Angehörige
Zweifel bestehen bei:
- Nur gelegentlicher Nutzung (z. B. Ferienwohnung)
- Kündigung zugunsten entfernter Verwandter
- Nutzung als Gewerberaum (nur ausnahmsweise zulässig)
Missbräuchliche oder „vorgeschobene“ Eigenbedarfskündigung
Ein häufiges Problem ist der Missbrauch der Eigenbedarfskündigung. Die Gerichte prüfen kritisch, ob der Bedarf nur vorgeschoben ist – etwa um die Wohnung teurer weiterzuvermieten. Hinweise auf Rechtsmissbrauch sind:
- Keine konkreten Nutzungspläne
- Rascher Wiederverkauf nach Kündigung
- Kündigungen in Serie
Im Räumungsprozess trägt der Vermieter die volle Beweislast für den geltend gemachten Eigenbedarf.
Welche Rechte haben Mieter bei Eigenbedarfskündigung?
Mieter können sich auf den Härteeinwand (§ 574 BGB) berufen, wenn der Auszug für sie unzumutbar wäre. Beispiele:
- Schwerwiegende Erkrankung
- Fortgeschrittenes Alter
- Schulpflichtige Kinder
- Keine angemessene Ersatzwohnung
Wichtig: Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und spätestens zwei Monate vor Vertragsende beim Vermieter eingehen (§ 574b BGB).
Besonderheiten bei Kapitalanlegern
Wer eine vermietete Immobilie zur Altersvorsorge oder Eigennutzung kauft, sollten spezielle Regelungen beachtet werden:
- Kündigungssperrfrist bei Umwandlung (§ 577a BGB): 3 bis 10 Jahre Schutz für den Mieter
- Eigenbedarf erst nach Grundbucheintrag möglich
- Befristung des Mietvertrages
Tipp: Eigenbedarf rechtlich und wirtschaftlich vor dem Kauf prüfen lassen.
Fazit: Eigenbedarfskündigung rechtlich sicher gestalten
Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist möglich – aber nur unter klar definierten Voraussetzungen. Für Mieter heißt es: Rechte kennen, Härtegründe rechtzeitig geltend machen und sich durch einen versierten Rechtsanwalt vertreten lassen; oftmals übernimmt eine Rechtsschutzversicherung die Kosten. Für Vermieter bedeutet das: Saubere Begründung, richtige Form, keine Täuschung und vor allem: Klare Kommunikation, idealerweise von Anfang an über einen Rechtsanwalt mit fundierten Kenntnissen im Bereich der Eigenbedarfskündigung. Wer als Kapitalanleger plant, eine vermietete Wohnung zu erwerben, sollte das Thema Eigenbedarf von Anfang an mitdenken – idealerweise mit juristischer Begleitung, um eine Räumungsklage möglichst zu vermeiden. Eine gütliche Einigung (z.B. Umzugshilfe, Abfindung) führt häufig für beide Seiten zu einem akzeptablen Ergebnis. Sie haben Fragen zur Eigenbedarfskündigung oder planen den Erwerb einer vermieteten Immobilie? Wir beraten Sie gerne.